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Zeitenwenden!? Gedanken zum Jahreswechsel

Zum Jahreswechsel 2024/2025 scheinen sich Umbrüche verschiedenster Art zu häufen. Sie sind Anlass zu Sorge und Hoffnung zugleich; auf jeden Fall verunsichern sie zünftig.

 

Eine echte Zeitenwende – ein Begriff, neu geprägt vom deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz – erlebt (hoffentlich im positiven Sinn!) gerade Syrien, nach rund einem halben Jahrhundert der Unterdrückung und des unvorstellbaren Terrors durch eine Diktatorenfamilie. Viele in unseren Breitengraden erwarten Entlastung bei den Flüchtlingsströmen; dies dürfte allerdings nicht so schnell eintreffen – wenn der Umsturz nicht noch weitere auslöst. Er dürfte immerhin für einige Alleinherrscher eine Warnung sein.

 

Ebenso ungewiss ist, was der neuerliche Einzug von Donald Trump im Weissen Haus bringt; weltweit und auch für uns, für Handel und Wirtschaft, aber auch sicherheitsmässig. Fast panikartig meint man in Europa und auch in der Schweiz nach dem Überfall auf die Ukraine, mit militärischer Aufrüstung in kürzester Zeit aufholen zu können, was jahrzehntelang in den Hintergrund geraten ist – weil man Krieg in Europa für höchst unwahrscheinlich hielt. Dies dürfte jedoch bis zur Umsetzung noch dauern und ein echter Kraftakt werden.

 

Zurück in die Zukunft?

Im letzten Jahr ist der Bau neuer Atomkraftwerke auch in der Schweiz wieder salonfähig geworden, mindestens auf dem rechten politischen Parkett. Die Energiewende steht zur Disposition. Die Wahl von Albert Rösti in den Bundesrat und seine Übernahme des Verkehrs- und Energiedepartements lassen grüssen! Auch der Ausbau der Autobahnen ist für gewisse Kreise wieder die Antwort auf Verkehrsprobleme – wie in den 1960er-Jahren. Umwelt- und Energiefragen werden verdrängt. Die Zeit für Angriffe auf politische Volksrechte wie die Verbands- auf Bundesebene und in unserem Kanton auf die Popularbeschwerde sowie für systematische Attacken auf soziale Errungenschaften scheint günstig. 

 

In Frage gestellt – zum Glück bisher erfolglos – werden sogar die Menschenrechte und die europäische Konvention dazu. Das wären tatsächlich bedenkliche Paradigmenwechsel weg von einer humanitären und aufgeschlossenen Schweiz.

 

Volk als Korrektiv

Zum Glück haben wir noch das Volk, welches dem «Establishment» die rote Karte zeigen kann – wie am 24. November bei Nationalstrassen und Mietrecht oder im März mit dem Ja zur 13. AHV-Rente. Die Umweltprobleme und Klimaveränderungen lassen sich wohl vorübergehend verdrängen. Es gilt jedoch nach wie vor: «Die Natur ist geduldig, aber sie vergisst nicht, Rechnung zu stellen.» Rückschläge dürfen uns nicht entmutigen. Sie zeigen aber auf, dass scheinbar Selbstverständliches immer wieder, in fast jeder Generation, verteidigt beziehungsweise neu errungen werden muss. Engagement – politisch wie auch zivil – ist stets nötig. Und Rechte müssen genutzt werden, wenn man sie nicht verlieren will. 

 

Beschränkter Einfluss

Zeitenwenden – meist zurück in die Vergangenheit – werden sich mindestens auf Bundesebene nicht so leicht einstellen. Gespannt darf man auch sein, ob der angekündigte «Sparhammer» der Standeskommission (beziehungsweise indirekt des Grossen Rates) wirklich bei uns in Innerrhoden ein neues finanzpolitisches Zeitalter einläutet. 

 

Schwieriger, wenn nicht gar unmöglich, ist es zweifellos, sich Umwälzungen wie einem Macht- und Politikwechsel in den Vereinigten Staaten mit Strafzöllen und Handelsbeschränkungen zu entziehen. Und ebenso machtlos stehen wir Kriegen und Konflikten wie um die Ukraine und im Nahen Osten gegenüber – mit all den fatalen Auswirkungen, neben unermesslichem menschlichen Leid an den Fronten auch auf unsere Energiequellen und -preise. Die gefährlichsten Zeitenwenden zeichnen sich dort ab. Wir können nur hoffen, dass sie glimpflich und verkraftbar ausfallen. Mit diesen Unsicherheiten müssen wir wohl oder übel in das neue Jahr starten.

 

Allen nah und fern wünschen wir trotz allem im engeren und weiteren Umfeld ein möglichst gefreutes und friedvolles 2025! 

Josef Manser, Präsident Gruppe für Innerrhoden

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Appenzeller Volksfreund
Autor: Josef Manser
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